Round Table vom 9. September 2024: 10 Jahre Istanbul-Konvention
– Bilanz eines Meilensteins gegen Gewalt

mit Botschafter i.R. Univ.-Prof. Dr. Helmut Tichy (GREVIO – Europarat-Expertenausschuss gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt)

Die Istanbul-Konvention, das „Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt“, trat am 1. August 2014 in Kraft. Anlässlich des 10-jährigen Jubiläums des Inkrafttretens durften wir Botschafter i.R. Univ.-Prof. Dr. Helmut Tichy, der im Expertenausschuss GREVIO tätig ist, zu unserem Round Table begrüßen. 

Die Istanbul-Konvention ist das erste völkerrechtlich verbindliche Instrument zur umfassenden Bekämpfung von Gewalt an Frauen. Gegenwärtig haben 37 Staaten und die Europäische Union die Istanbul-Konvention ratifiziert und sich dadurch den umfangreichen Pflichten zum Schutz von Frauen sowie der Forcierung von Gleichstellung verschrieben. Die Istanbul-Konvention enthält beispielsweise klare Vorgaben dazu, welche Straftatbestände in den nationalen Gesetzen verankert sein müssen und auch, wie verschiedene Berufsgruppen auszubilden sind, um auf den Umgang mit Gewaltbetroffenen sensibilisiert zu sein.

(v.l.n.r.) UN Women Austria Vizepräsidentin Kathrina Kräftner, UN Women Round Table Team Lead Margarethe Bacher, Botschafter Helmut Tichy, UN Women Austria Präsidentin Helene Gressenbauer

Dr. Helmut Tichy gewährte uns umfassende Einblicke in die Tragweite der Istanbul-Konvention und seine Arbeit im „Europarat-Expertenausschuss gegen Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt“ (GREVIO), der für die Überwachung der Umsetzung der Konvention zuständig ist. So finden wiederkehrende Staatenprüfungen statt, in deren Rahmen der Status Quo und ergriffene Umsetzungsmaßnahmen jedes einzelnen Staates beurteilt werden. Zentraler Bestandteil dieser Prüfungen sind die Staatenbesuche der GREVIO-Mitglieder, bei denen Gespräche mit Vertreter:innen von Regierung und Zivilgesellschaft geführt und u. a. Polizeiinspektionen, Gerichte und Gewaltschutzeinrichtungen besucht werden. Der Zivilgesellschaft kommt dabei eine tragende Rolle zu, da sich verschiedenste Organisationen mit ihren Berichten über die Lage in den Staaten einbringen können. Basierend darauf wird ein Bericht erstattet und veröffentlicht, in dem der Expertenausschuss GREVIO Handlungsempfehlungen an den jeweiligen Staat ausspricht. 

Eine gegenwärtig spannende Entwicklung wird sich nun durch den jüngsten Beitritt zur Istanbul-Konvention durch die Europäische Union ergeben. Als internationale Organisation weist die EU abweichende Strukturen auf, auf die die Istanbul-Konvention umzulegen ist. Zugleich ist aber sowohl durch die EU-Gesetzgebung als auch durch das Personal der EU-Institutionen ein ähnliches Umfeld gegeben, in dem die Vorgaben der Istanbul-Konvention Berücksichtigung finden sollen.

Insofern ist die Ratifikation durch die EU sehr zu begrüßen, und es bleibt laut Dr. Tichy auch mit Spannung abzuwarten, welchen Einfluss dies auf Mitgliedstaaten haben wird, die noch nicht Vertragsparteien der Istanbul-Konvention geworden sind.

Die Istanbul-Konvention bleibt ein Meilenstein im völkerrechtlichen Bestreben nach Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, der nach den im Round Table gewonnen Einblicken auch nicht an Notwendigkeit verloren hat. Jüngste Ereignisse, auf die auch in den Staatenbesuchen stets eingegangen wird, zeigen, dass der Weg zu einer Welt ohne Gewalt gegen Frauen noch ein langer ist, für den die institutionelle Unterstützung des Europarats essentiell ist.

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